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«Musik für einen Gast» – die besondere Talkshow auf SRF 2 Kultur: Ein Mensch und seine Musik. Persönlichkeiten – ob aus Kultur, Wissenschaft, Sport, Politik oder Wirtschaft – erzählen über ihr Leben, ihren Beruf, ihre Träume und Visionen und vor allem über die Musik, die sie geprägt hat und ihnen wichtig ist. Leitung: Theresa Beyer Redaktion: Irene Grüter, Simon Leu, Michael Luisier, Melanie Pfändler, Eva Oertle (Fachführung) Kontakt: info@srf2kultur.ch
- 507 - Gianna Molinari – Autorin (live aus Solothurn)
«Hier ist noch alles möglich»: Ein verheissungsvoller Titel für ein Debüt. Und tatsächlich war Gianna Molinaris preisgekrönter Roman erst der Anfang. Im Oktober erschien «Hinter der Hecke die Welt», das in einem kleinen Dorf und den Weiten der Arktis spielt.
Sun, 12 May 2024 - 506 - Madeleine Scherrer – Pflegefachfrau, Schauspielerin
Madeleine Scherrer ist leidenschaftliche Schauspielerin. Bis ein schwerer Unfall sie aus der Bahn wirft. Ihr Gesicht ist entstellt, an ein Weiterspielen ist vorerst nicht mehr zu denken. Eine geglückte Gesichtsoperation und eine Neuorientierung im Leben bringen die Wende und unerwartetes Glück. Madeleine Scherrer wächst in einem kleinen Dorf im landwirtschaftlichen Umfeld auf. Die Schule widerstrebt ihr, Praktika als Bäuerin und als Betreuerin geistig beeinträchtigter Menschen machen zwar Freude, führen aber zu keinem Beruf. Also erfüllt sie sich einen Kindheitstraum und wird Schauspielerin. Um es mal nicht zu bereuen, es nicht versucht zu haben, meldet sie sich zur Aufnahmeprüfung an der Schauspiel-Akademie-Zürich und wird prompt genommen. Doch der Beruf entpuppt sich als härter als erwartet. Feste Engagements an Provinztheatern befriedigen sie nicht. Ein Leben als Freischaffende in Köln führt vorerst zu keinen Engagements. Und als es dann doch endlich läuft, kommt der Unfall. Ein Jahr mit entstelltem Gesicht, sieben Jahre Rechtsstreit mit dem Unfallverursacher und schliesslich eine weitere riskante Gesichtsoperation sind die Folgen. Ebenso eine vollkommene Neuorientierung im Leben. Die hat sie geschafft. Sie hat ein geheiltes Gesicht, eine eigene Familie und einen neuen Beruf als Pflegefachfrau in der Psychiatrie, wo sie ihre Erfahrungen als Patientin einbringen und Menschen in vergleichbaren Extremsituationen helfen kann, wofür sie dankbar und worüber sie glücklich ist. Von ihren frühen Jahren auf dem Land und ihren Erfahrungen als Schauspielerin, von den Folgen ihres Unfalls und ihrem Weg zur Pflegefachfrau in der Psychiatrie, von ihrem Weg zurück ins Leben und vor allem auch von ihrer Musik erzählt Madeleine Scherrer im Gespräch mit Gastgeber Michael Luisier. Die gespielten Titel: - Leningrad Cowboys go America [Soundtrack] - Mambo from Säkkijärvi von Mauri Sumén - Librairie Musicale - Valse du mythomane - Los Zafiros - He venido - Compay Segundo - Amor de loca juventud - Prince – Purple Rain
Sun, 05 May 2024 - 505 - Franz Hohler, Kabarettist, Liedermacher und Schriftsteller
60 Jahre Musik für einen Gast - über 1500 spannende Persönlichkeiten gaben Einblick in ihren Beruf, ihre Leidenschaften und vor allem in die Musik, die sie geprägt hat. Ein Grund zum Feiern! Dieses Jubiläum begehen wir mit einer Spezialsendung mit Publikum. Zu Gast ist der Schweizer Kabarettist, Liedermacher und Schriftsteller Franz Hohler. Mit seinem unverwechselbaren Stil, seiner feinen Beobachtungsgabe und seinem humorvollen Blick auf die Welt, schafft es Hohler immer wieder, die Menschen zu berühren. Im Gespräch mit Gastgeberin Eva Oertle spricht Franz Hohler u.a. über sein Leben auf der Bühne, über seine Freundschaft zu Mani Matter, über das Älterwerden und über die Liebe zu seinem Cello, das ihn jahrelang bei seinen Bühnenauftritten begleitet hat. Die Musiktitel - Giuseppe Sammartini – «2. Allegro» aus der Sonate für Sopran-Blockflöte und Basso continuo, G-Dur Maurice Steger, Sopran-Blockflöte /Naoki Kitaya, Cembalo - Arda String Quartet – W.A. Mozart: «1. Allegro» aus dem Streichquartett Nr. 2, D-Dur - Mani Matter: Farbfoto - Franz Hohler – Wenn i mol alt bin (wenn ich mal alt bin) - Franz Schubert - Nachthelle (Die Nacht ist heiter und ist rein) D 892 Irwin Gage, Klavier / Karl Scheuber, DIR / Schmaz - Schwuler Männerchor Zürich und Orchester
Sun, 28 Apr 2024 - 504 - Jacqueline Spoerlé – Tätowiererin
Um ihr Handwerk zu erlernen, reiste Jacqueline Spoerlé um die Welt, bis in den Dschungel der Marquesas-Inseln im Südpazifik. Heute gilt sie als feste Grösse in der Schweizer Tattooszene. Doch ausgelernt habe man nie, sagt sie – auch nicht nach drei Jahrzehnten. Eine Koryphäe, eine Legende, eine Pionierin auf ihrem Gebiet: Wer sich mit Tattoos auskennt, hat für Jacqueline Spoerlé nur Lob übrig. Nicht nur in der Schweiz, für Tätowiererinnen und Tätowierer weltweit sei sie eine Inspiration, sagen Weggefährten. Ihren Stil, ihre Handschrift hat Spoerlé über die letzten 30 Jahre entwickelt und wurde dabei stark durch ihre Reisen geprägt, vor allem in den Südpazifik. Doch auch ihre ursprüngliche Ausbildung als Grafikerin schimmert noch immer durch: Spoerlés Tattoos sind grossflächig, ornamental und zeichnen sich durch feine, präzise Linien aus, die die Zeit überdauern. Wie entstehen diese Kunstwerke? «Zuerst schaue ich mir den Körper an», beschreibt die Inhaberin des «Corazon»-Studios in Luzern. «Ich gehe immer von den Linien, der Anatomie der entsprechenden Stelle aus.» Im Gespräch mit der Kundin oder dem Kunden entstehe schliesslich das Design – was jedes von Spoerlés Tattoo zu einem Unikat macht. In «Musik für einen Gast» erzählt Jacqueline Spoerlé von diesem Prozess, von ihren Reisen, vom Respekt vor ihrem Beruf und wie sie dank eines Stopps an einer Autobahnraststätte auf ihn gestossen ist. Die gespielten Titel - Black Sabbath: Paranoid - Nirvana - Smells Like Teen Spirit - Pink Floyd: Shine On You Crazy Diamond - Rolling Stones: Paint It, Black - Sex Pistols – God Save The Queen und Problems
Sun, 21 Apr 2024 - 503 - Markus Schönholzer – Songwriter, Musiker, Gitarrist
Markus Schönholzer ist Liedermacher und Komponist. Er bewegt sich zwischen Musical und Chanson, schreibt für Shows, Theater und Film. Und für sich selbst. Denn jetzt ist er wieder mit einem eigenen Programm unterwegs. «Die Schönholzers», das soeben im Zürcher Hechtplatztheater Premiere hatte. Geboren wird Markus Schönholzer in den USA. Er lebt mit seiner Familie in Buffalo, wo sein Vater als Elektroingenieur arbeitet und seine Mutter die Kinder betreut. Die Familie stammt zwar aus der Schweiz, spricht aber nur Englisch. In den USA leben bedeutet, Amerikaner zu sein. Man integriert sich und übernimmt auch die Sprache. Doch zu Beginn der 70er-Jahre ändern sich die Dinge. Die Depression zwingt die Familie, sich neu zu orientieren, was konkret bedeutet: Sie kehrt in die Schweiz zurück. So landet Markus Schönholzer in einem kleinen Dorf im Rheintal. Ohne Schweizerdeutsch zu sprechen, ohne Freunde und mit den falschen Sportkenntnissen. Basketball statt Fussball. In dieser Situation entdeckt Markus Schönholzer die Gitarre, mit der er sich eine eigene Welt aufbaut und die ihn schliesslich mit viel Geduld und über viele Stationen zum Musiker und Songwriter werden lässt. Von seiner amerikanischen Prägung und seinem Schweizer Hintergrund, von seiner Entwicklung vom gitarrenspielenden Jungen zum professionellen Musiker, von seinen Erfahrungen als Bandmitglied, Komponist von Musicals und Autor diverser Soloprogramme und vom entscheidenden Einfluss vieler wohlmeinender Freunde auf seine Karriere und natürlich auch ganz konkret von der Musk, die ihn geprägt hat, erzählt Markus Schönholzer im Gespräch mit Gastgeber Michael Luisier. Die gespielten Titel: - The Beatles - Abbey Road: Golden Slumbers, Carry That Weight - Joni Mitchell - Both Sides Now: Both Sides Now - Randy Newman - Dark Matter: She Chose Me - Tom Lehrer - That Was The Year That Was: New Math - Laura Marlin: A Hard Rain's a-Gonna Fall (von Bob Dylan)
Sun, 14 Apr 2024 - 502 - Nicole Niquille, erste Bergführerin der Schweiz
Als erste Schweizerin machte Nicole Niquille 1986 das Diplom als Bergführerin. Seit einem Unfall lebt sie im Rollstuhl, was sie nicht daran hinderte, eine Bergwirtschaft zu leiten und ein Spital in Nepal zu gründen. «Hast Du vor nichts Angst?» Diese Frage bekam Nicole Niquille schon als Mädchen zu hören. Mit ihrer Zwillingsschwester begann sie in den Gastlosen im Greyerzerland zu klettern, obwohl ihr Bein bei einem Motorradunfall schwer verletzt worden war. Sie habe von zu Hause mitbekommen, nie den einfachsten Weg zu wählen, erzählt Nicole Niquille im Rückblick. Sie suchte das Abenteuer, war lange mit dem Bergsteiger Erhard Loretan unterwegs, wagte sich an die Besteigung von Achttausendern im Himalaya und beschloss dann, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen: Als erste Frau absolvierte sie die harte Ausbildung zur Bergführerin. Ein kurzer Moment vor bald 30 Jahren beendete ihr Leben als Alpinistin: Beim Pilzsuchen wurde Nicole Niquille von einem Stein getroffen, seither ist sie querschnittsgelähmt. Akzeptieren könne man so etwas nie, sagt sie heute, und doch habe sie ihre Lust am Leben immer behalten. Nach der Rehabilitationszeit machte sie das Wirtepatent, leitete eine Bergwirtschaft im Wallis und gründete in Nepal, wo sie früher auf Expeditionen war, ein dringend benötigtes Bergspital. Seit bald 20 Jahren setzt sie sich mithilfe einer Stiftung von der Schweiz aus für den Betrieb des «Hôpital Pasang Lhamu & Nicole Niquille» ein. Erstsendung: 27. August 2023 Die gespielten Titel: - Alexis Botkine et Son Ensemble Folklorique Russe: Tchoubtchik (Version Tzigane Russe) - Janis Joplin: Summertime - Vangelis – 1492: Music From The Original Soundtrack: Conquest Of Paradise - Grand Corps Malade: Sixième sens = 6ème sens - Joan Baez - Gracias A La Vida Das Spital in Nepal: Hôpital Nukla: https://www.hopital-lukla.ch/de/nicole-niquille/ Nicole Niquille: Und plötzlich ...am Himmel ein Berg. Schicksal einer Unbeugsamen AS Verlag - SBN/GTIN978-3-906055-10-7
Sun, 07 Apr 2024 - 501 - Caroline Fink - Fotografin, Autorin, Filmemacherin
Sie arbeitet gerne langsam. Darum fotografiert sie oft mit einer Kamera, die keinen Autofokus hat. Und sie liebt die Berge. Ihre Abenteuerlust hat die Fotografin und Alpinistin Caroline Fink auf die Gipfel dieser Welt geführt. Am Berg findet sie Freiheit und Selbstbestimmung. Schon als Kind liebte sie Abenteuergeschichten. Zum fünften Geburtstag bekam sie eine Kompaktkamera geschenkt, um Momente festzuhalten. Mit 20 zog es sie hinaus in die weite Welt, nach Nepal. Dort fand sie den Zugang zu den Bergen. Seither sind Alpinismus und Fotografie zentrale Elemente ihres Lebens. Abenteuer ohne Risiko, das gehe nicht, sagt Fink. Denn die Natur bleibe immer stärker. Die gespielten Titel: - Celine Dion: Ne partez pas sans moi - Alanis Morissette: Hand in My Pocket - Pallett: Vagabond - Leonard Cohen: Joan of Arc - Patti Smith: Dancing Barefoot
Sun, 31 Mar 2024 - 500 - Christoph Trummer – Musiker, Autor, Kulturlobbyist
Familienalben haben die meisten Menschen zu Hause im Regal. Christoph Trummers Ausgabe besteht aus vierzehn Liedern und einem Buch, in dem er sich mit seiner eigenen Familiengeschichte auseinandersetzt, vor allem mit dem frühen Tod seiner Eltern. Ohne Gitarre zu verreisen: Für Christoph Trummer undenkbar. Wenn er länger als ein paar Tage unterwegs sei, habe er sein Instrument immer dabei. «Das heisst nicht, dass ich immer gleich ein Lied schreibe», erzählt er. «Aber nur schon spielen zu können, macht einen riesigen Unterschied für mich.» Dass die Musik ein Ventil für ihn ist, das lernte Trummer – der meist einfach unter seinem Nachnamen auftritt – schon sehr früh. Als Jugendlicher, der die Welt nicht verstand und sich von ihr nicht verstanden fühlte. Als junger Mann, der innerhalb von nur drei Jahren seinen Vater und seine Mutter verlor. Als Musiker, der ausgerechnet in New York herausfand, dass er seine Gedanken und Emotionen in Mundart am präzisesten übermitteln kann. Trummer ist nicht nur auf der Bühne, sondern auch hinter den Kulissen aktiv: Seit Jahren engagiert er sich für die Interessen und die Rechte von freien Musikschaffenden in der Schweiz, unter anderem im Vorstand des Verbands «Sonart». Wie politisch ist seine eigene Kunst? Und wie kann die Musik unser Zusammenleben verändern? Die gespielten Titel: - Trummer: Füürstell (Album: Familienalbum) - Emmylou Harris: Timberline (Album: The Ballad of Sally Rose - Expanded Edition) - Midnight Oil: Put Down That Weapon (Album: Armistice Day: Live at The Domain, Sydney) - Marc Cohn: Rest for the Weary (Album: The Rainy Season) - Tara Jane O'Neil: Howl (Album: A Ways Away) - Anaïs Mitchell: Hadestown: Epic III (Album: Hadestown: The Original Broadway Cast Recording)
Sun, 24 Mar 2024 - 499 - Ueli Jäggi, Schauspieler
Ueli Jäggi gehört zu den erfolgreichsten und beliebtesten Schauspielern der Schweiz. Neben seinen unzähligen Rollen am Theater und den vielen Auftritten in Film- und Hörspielproduktionen kennt man ihn vor allem auch als Teil der Gruppe rund um den Theaterregisseuren Christoph Marthaler. Ueli Jäggi, der jüngste von fünf Brüdern, stammt aus einer mehr als kulturaffinen Familie. Der Vater Pfarrer, die Mutter Lehrerin, interessierten sich beide für Musik und boten auch sonst ein kreatives und inspirierendes Zuhause. Schon früh interessiert sich Ueli Jäggi fürs Theater und findet nach ersten Schritten an einem Schülerkabarett und am Basler Jugendtheater den Weg ans professionelle Theater. Nach Stationen in München und Nürnberg folgt die Begegnung mit Christoph Marthaler, aus der eine 35-jährige Zusammenarbeit entsteht mit wegweisenden Produktionen am Theater Basel, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg, an der Volksbühne Berlin und am Schauspielhaus Zürich, wo Ueli Jäggi unter der Direktion von Christoph Marthaler Ensemblemitglied war. Daneben arbeitet Ueli Jäggi oft und gerne als Sprecher in Hörspielen und natürlich auch als Filmschauspieler. Und all das bis zum heutigen Tag. Von seiner familiären Prägung und seiner frühen Begeisterung fürs Theater, von seinen ersten Schritten in den Beruf und der Arbeit mit Christoph Marthaler, vom Leben und Arbeiten an aufregenden Orten wie Berlin, Hamburg oder Venedig und von seinem Rückzugsort im Berner Oberland und natürlich auch von der Musik, die für ihn immer eine ganz besondere Bedeutung hat, erzählt Ueli Jäggi im Gespräch mit Gastgeber Michael Luisier. Die gespielten Titel: - W.A. Mozart: Mozart: Krönungsmesse... K 317 / 6. Agnus Dei George Ainsley, Winchester Cathedral Choir, The Academy of Ancient Music, Christopher Hogwood, Leitung / Emma Kirkby, Sopran - J.S. Bach: Magnificat für Soli Chor und Orchester - Deposuit potentes Amsterdam Baroque Orchestra - Ton Koopman, Leitung / Gerd Türk, Tenor - Carmen Linares - Romance De Don Boiso von Federico Garcia Lorca - Bob Dylan - Blind Willie McTell (Bootleg Series Vol. 3) - Pat's Big Band - That Ole Devil Called Love [= old] von Allan Roberts / Doris Fisher, Katharina Baur, Stimme
Sun, 17 Mar 2024 - 498 - Eva Kirchhofer - Schuhmacherin
Sie sieht einem Schuh an, wie jemand durch die Welt geht: Eva Kirchhofer arbeitet seit vielen Jahren als Schuhmacherin in Zürich. Ihr Interesse an Menschen ist ebenso gross wie die Leidenschaft für ihr Handwerk. In ihrer Werkstatt hat sie ein eigenes Reich geschaffen. Wer kreativ werden will, muss scheitern lernen. Diese Erfahrung gibt Eva Kirchhofer ihren Auszubildenden weiter, denn meist seien es Krisen, die einem im Leben dazu bringen, einen Kurswechsel zu wagen. In ihrer Kindheit eckte sie an und war froh, als sie die Enge des Dorfs hinter sich lassen und auf die Kunstgewerbeschule gehen konnte. In den späten 80er Jahren lebte sie in der Zürcher Hausbesetzerszene, organisierte Konzerte und lotete Freiräume aus. Dann machte sie eine Lehre als Schuhmacherin und wurde glücklich mit diesem Beruf, bei dem das Handwerkliche, Künstlerische, Medizinische und Menschliche zusammenkommen. Heute wohnt sie in einer WG mit rund 20 Menschen und mag es, für grosse Tische zu kochen. Ebenso wichtig sind ihr ungestörte Tage in ihrer Werkstatt. Mittlerweile findet sie Reparaturen spannender, als Schuhe nach Mass anzufertigen, denn das Tüfteln forder sie heraus. Und mit jedem Paar Schuhe kommt eine Lebensgeschichte in ihren Laden. Die Musiktitel: - Sister Rosetta Tharpe .. 1964 .. Didn't it Rain .. - R.L. Burnside - It's Bad You Know (come on in) - Dolly Parton - Jolene - Grinderman - Decoration Day - Asaf Avidan - In a Box ll - Your Anchor - Tolouse Low Trax - Rushing Into Water - Themes For Great Cities
Sun, 10 Mar 2024 - 497 - Regula Mühlemann, Sängerin
Salzburg, Wien, Paris, Mailand, New York – die Schweizer Sopranistin Regula Mühlemann singt auf den wichtigsten Opernbühnen und in den renommiertesten Konzertsälen der Welt. Mit ihrer klaren, strahlenden Stimme und ihrer grossen Bühnenpräsenz zieht sie das Publikum in Bann. In Musik für einen Gast bei Eva Oertle erzählt die sympathische Luzernerin, wie sie trotz ihres Erfolgs nie die Bodenhaftung verloren hat, sie spricht über ihre Liebe zur Natur und zu Frankreich und darüber, welche Musik sie am liebsten hört. Die Musiktitel - Dino Brandao, Faber, Sophie Hunger: Derfi di hebe - Camélia Jordana: Ce qui nous lie. Bande originale du film - Samuel Hasselhorn, Ammiel Bushakevitz: «Wohin?» aus Die schöne Müllerin von Franz Schubert - Jessye Norman: «3. Beim Schlafengehen» aus den Vier letzten Lieder von Richard Strauss - Gewandhausorchester Leipzig, Kurt Masur, Leitung Die vorgespielten Titel: - Maria Stader – Non so più cosa son, cosa faccio. (Cherubino), I aus Figaros Hochzeit von W.A. Mozart - Leonard Cohen: Bird on the wire - Philippe Jaroussky: Ombra mai fu von G. F. Händel
Sun, 03 Mar 2024 - 496 - Anne Hodler - Schauspielerin
Als Kind war sie Sissi. Und Winnetou. An der Schauspielschule fand sie in einem intensiven Prozess zu sich selbst. Heute verkörpert sie unter anderem Margrit Schneuwly in der satirischen Doku-Soap «Experiment Schneuwly». Dazwischen trifft sie das pralle Leben immer mal wieder mit voller Wucht. Sie liebt es, mit Laiendarstellern auf der grossen Freiluftbühne zu stehen, weil die Energie da ganz gewaltig sei. Auch wenn sie heute ausgeglichener sei als früher: ein bisschen Drama brauche sie immer noch. Anne Hodlers Leben ist ein intensives Auf und Ab, eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Warum sich die ausgebildete Schauspielerin lieber mit dem Schicksal versöhnt als damit zu hadern: Darüber spricht Anne Hodler mit Simon Leu. Die gespielten Titel: - Barbara Streisand and Barry Gibb – Guilty - Santana - Oye Como Va - Live At The House Of Blues Las Vegas 2016 - Faber, Dino Brandao, Sophie Hunger – Ich liebe dich, Faber - Iggy Pop & Goran Bregovic - In The Death Car (Arizona Dream) - Tori Amos – Cornflake Girl
Sun, 25 Feb 2024 - 495 - Eva Herzog - Historikerin, Politikerin, Ständeratspräsidentin
Eva Herzog blickt auf eine lange Karriere zurück, die sie bis in den Ständerat geführt hat. In diesem Jahr ist sie Ständeratspräsidentin und richtet ihren Fokus auf die urbane Schweiz. Ein gutes Jahr nach der Nichtwahl in den Bundesrat beginnt für sie damit ein neues Kapitel. Die Wurzeln ihres politischen Engagements liegen in Eva Herzogs Herkunftsfamilie, in der es selbstverständlich war, dass sie als Mädchen dieselben Chancen und Möglichkeiten bekommt wie ihr Bruder. Doch ist es vor allem die Erkenntnis, dass das anderswo nicht so ist, die ihre feministische Grundhaltung auslöst. Daneben engagiert sie sich für fairen Handel und arbeitet schon früh in den sogenannten Drittweltläden. Das parteipolitische Engagement beginnt erst später. Konkret 1993 bei der Nichtwahl Christiane Brunners in den Bundesrat. Dort beeindrucken sie die demonstrierenden SP-Frauen in Bern, denen sie sich anschliesst. Mittlerweile schaut die promovierte Historikerin auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurück. 2004 wird sie Finanzdirektorin im Kanton Basel-Stadt und bleibt das 16 Jahre lang. Seit 2020 vertritt sie ihren Kanton als Ständerätin in Bern. Ihre Wahlresultate sind glänzend. Und dem Schock der Nichtwahl in den Bundeswahl steht mittlerweile die Wahl zur Ständeratspräsidentin gegenüber. Von ihrer Zeit als politisch engagierter Teenager und ihren ersten Schritten in der Politik, von ihrem Studium als Historikerin und ihren Jahren in der Leitung der Kulturwerkstatt Kaserne, von ihrem Aufstieg als Politikerin und der Zeit nach der Nichtwahl in den Bundesrat und natürlich von ihrem engen Bezug zur Musik erzählt Eva Herzog im Gespräch mit Gastgeber Michael Luisier. Die gespielten Titel: - Deep Purple - Smoke on the Water - Zucchero - Baila Morena - Tim Bendzko - Nur noch kurz die Welt retten - András Schiff - Johann Sebastian Bach: Das wohltemperierte Klavier, Präludium Nr. 1 C-Dur - Tina Turner - River Deep Mountain High
Sun, 18 Feb 2024 - 494 - Sunnie J. Groeneveld – Unternehmerin, Verwaltungsrätin
Mit 25 Jahren gründete sie ihr eigenes Beratungsunternehmen, zehn Jahre später sitzt sie in fünf Verwaltungsräten, leitet einen Studiengang und tritt regelmässig an Podien und Konferenzen auf. Was ist der Soundtrack für Sunnie J. Groenevelds Leben auf der Überholspur? Für «Musik für einen Gast» habe sie eine musikalische Zeitreise unternommen, sagt Sunnie J. Groeneveld: «Die Einladung in diese Sendung hat mich zu Stücken geführt, die ich mir ganz lange nicht mehr bewusst angehört hatte. Musik kann einen wirklich wieder in Situationen zurückversetzen, wie das wohl kaum etwas anderes kann.» Die Reise führt sie in einen Sommer ihrer Kindheit, als sie mit ihrer Grossmutter im Garten Trompete spielte, in ihre Studienzeit an der Eliteuniversität Yale an der US-Ostküste und die vielen Stunden, die sie als Jugendliche und junge Frau auf dem Basketballplatz verbrachte. Groeneveld erzählt, welche Lektionen sie dank des Sports gelernt hat, die sie heute als Unternehmerin anwenden kann, von der inspirierenden Stimmung auf dem Universitätscampus, wo einem beim Mittagessen die Physikerin, der Schauspielstudent oder die angehende Politikerin gegenübersitzen und von einem Traum, den sie sie sich letztes Jahr erfüllt hat: den New York Marathon zu laufen. Und sie spricht über die grossen Herausforderungen unserer Zeit, die multiplen Krisen und Konflikte – und was jede und jeder von uns beitragen kann, um die Zukunft positiver zu gestalten. Die gespielten Titel: Louis Armstrong / Ella Fitzgerald - Summertime (Aufnahme 1957) Christoph Scheffelt – Beethoven: Bagatelle No. 25 in A minor, Für Elise Sugarhill Gang - Rapper's_Delight (Aufnahme 1979) Twista / Faith Evans - Hope Coach Carter. Music From The Motion Picture Alicia Keys - Empire State Of Mind
Sun, 11 Feb 2024 - 493 - Fana Asefaw, Chefärztin der Jugendpsychiatrie der ipw Winterthur
Sie ist eine Brückenbauerin in mehreren Gebieten: Fana Asefaw arbeitet als Fachärztin mit psychisch erkrankten Jugendlichen und ihren Familien. Seit vielen Jahren engagiert sie sich zudem für die interkulturelle Vermittlung. Dabei hilft ihr die Erfahrung ihrer eigenen Kindheit in mehreren Ländern. «Heimat ist dort, wo ich mich verstanden fühle», sagt Fana Asefaw, die ihre Schulzeit in verschiedenen Ländern als Bereicherung erlebt hat. Bildung hatte immer einen hohen Stellenwert für ihre Eltern, die in den frühen 80er Jahren aus Eritrea fliehen mussten. Nach Zwischenstationen in Äthiopien und Sudan kam sie im Alter von neun Jahren nach Deutschland. Dort studierte Fana Asefaw Medizin und promovierte an der Charité in Berlin über weibliche Genitalbeschneidung. Zudem absolvierte sie eine Ausbildung für transkulturelle Kompetenz. In Musik für einen Gast spricht sie darüber, warum es ihr im Psychiatrie-Alltag sehr wichtig ist, Entscheidungen im Team zu treffen, und wie sie Medizin-Studierende an der Universität Zürich dafür sensibilisiert, eigene Vorurteile zu erkennen und Missverständnisse im Umgang mit Menschen aus verschiedenen Kulturen zu vermeiden. Die Musiktitel: - Mulatu Astatke: Yekermo Sew - Pink Floyd: Another Brick in the Wall (Part 2) - Libianca: People - K'naan: Wavin' Flag - Pat Metheny: The Sound of Silence
Sun, 04 Feb 2024 - 492 - Dominik Muheim - Slam-Poet, Kabarettist, Erzähler
Dominik Muheim hat fünf Poetry-Slam Schweizermeistertitel. Jetzt - sechs Jahre und fünf Programme später - gewinnt er auch den Salzburger Stier, den bedeutendsten Kleinkunstpreis im deutschsprachigen Raum. In «Musik für einen Gast» erzählt er von seinem Weg zum Erfolg. Dominik Muheims Heimat ist das Dorf. Konkret: das Dorf Reigoldswil ganz hinten im baselbieter «Feuflyybertal». Dort verbringt er eine unbeschwerte Kindheit und Jugend mit Streifzügen durchs Dorf oder auf nachmittagelangen Schlittenfahrten auf der nahe gelegenen «Wasserfallen». Rasch entdeckt er sein Erzähltalent. Geschichten, die er erlebt hat, bereitet er auf dem Heimweg von der Schule so vor, dass er sie am Mittagstisch wie kleine Kabarettnummern bringen kann. Über den Besuch einer Poetry-Slam-Veranstaltung kommt er auf den Geschmack und fängt selbst damit an, literarische Texte zu schreiben und zu performen. Schliesslich zieht er nach Basel und wagt nach drei Jahren als Primarlehrer schlussendlich den Schritt zum freischaffenden Künstler. Von seinen Versuchen und Erfolgen, von seinen Slams und Programmen, von seinen Inhalten und Arbeitsweisen und natürlich auch von der Musik, die ihn als Sänger und Gitarristen der Band «The Ringdingbings» vom Drei-Akkord- Punk bis hin zu einem komplexem Powerswing geführt hat, erzählt der frischgebackene Salzburger-Stier-Gewinner Dominik Muheim im Gespräch mit Gastgeber Michael Luisier. Erstsendung: 29. Oktober 2023 Die gespielten Titel: Mani Matter: Dr Alpeflug Jonathan Richman: I, Jonathan Stahlberger: Die Gschicht isch besser Pascal Comelade: Paganini pata tot a nono Esmeralda Galda und To Athena: Wältuntergang The Ringdingbings: This Is No Tango
Sun, 28 Jan 2024 - 491 - Nina Kunz – Autorin, Journalistin
Der Klimawandel, das Patriarchat, die Überidentifikation mit der eigenen Arbeit: In vielen ihrer Texte geht Nina Kunz Themen nach, die ein Unbehagen in ihr auslösen. Sie zu schreiben, sei wie das Lösen eines schwierigen Kreuzworträtsels. Sich selbst als Autorin zu bezeichnen, war für Nina Kunz ein langer Prozess. Obwohl sie bereits seit ihren frühen Zwanzigern ihr Geld mit dem Schreiben verdient – unter anderem als Kolumnistin für «Das Magazin» – brauchte es einen Bestseller, bis sie sich traute, sich selbst diese Bezeichnung anzuheften: «Ich denk, ich denk zu viel» ist im März 2021 bei «Kein & Aber» erschienen und besteht aus einer Sammlung von dreissig Texten, in denen Kunz sich mit ihrem eigenen Erleben, ihren Gedanken, sowie jeder Menge Sekundärliteratur auseinandersetzt, von Jean-Paul Sartre über Roxanne Gay bis zum US-amerikanischen Linguisten William Labov. Aufgewachsen ist Nina Kunz mitten in der Stadt Zürich, im Kreis 4. In «Musik für einen Gast» erinnert sie sich daran, wie sie als Kind auf einer Pingpongtischplatte sass und sich die Scherben aus den Fusssohlen zog, wie sie mit ihren Freundinnen Choreografien zu «Tic Tac Toe» einstudierte und wie sie als Jugendliche die «Bar Italia» in London besuchte; ein Ort, der die englische Rockband «Pulp» zu einem Stück inspiriert hat. Und sie spricht über eines der Themen, das sie so sehr beschäftigt, wie kaum ein anderes: die Auswirkungen des Klimawandels, die sich mittlerweile direkt vor ihrer Haustür zeigen. Die gespielten Titel: Tic Tac Toe - Ich find dich Scheisse Ariana Grande - Thank U, Next Pulp - Bar Italia Sharon Van Etten - The End of the World Stereo Luchs - Ziitreis
Sun, 21 Jan 2024 - 489 - Sasha Huber, Künstlerin
Oft knallt es im Atelier von Sasha Huber: Ein wichtiges Werkzeug für die schweizerisch-haitianische Künstlerin, die in Helsinki lebt, ist die Bostitch-Pistole. Mit ihren Bildern und Aktionen erinnert sie an das koloniale Erbe und zeigt, wie es in die Gegenwart ragt. Die Arbeit mit der Bostitch-Pistole hat für Sasha Huber grosse Symbolkraft: «Damit kann ich zurückschiessen. Gleichzeitig ist es eine Form, koloniale Wunden zu nähen.» Mit unzähligen Metall-Klammern zeichnet sie Porträts von Menschen mit afrikanischem Erbe, die Pionierleistungen erbracht haben. Wie Tilo Frey, die erste Schweizer Nationalrätin of colour. Oder der Schriftsteller James Baldwin, der eine Weile in Leukerbad gelebt hat. Dort hat Sasha Huber sein Porträt auf den Fensterladen des Chalets getackert, in dem er «Stranger in the village» geschrieben hat. Ein Essay, der Sasha Huber viel bedeutet. In Musik für einen Gast spricht die Künstlerin über ihre Verbindung mit Haiti, der Heimat ihrer Mutter. Sie erzählt, weshalb sie seit mehr als 20 Jahren in Finnland lebt, und warum sie ihre künstlerische Arbeit über koloniale Themen immer wieder in die Schweiz führt Die gespielten Titel: Harry Belafonte – Haiti Cherie Brandy Butler – Before The Tide Billie Holiday – Strange Fruit Morcheeba – The Sea Linda Fredriksson – Juniper und Clea
Sun, 14 Jan 2024 - 488 - Andreas Schaerer, Jazzsänger und Hochschuldozent
Wenn der Berner Andreas Schaerer ans Mikrofon tritt, kann es glucksen, röhren und kreischen. Aber auch ganz sanft werden. Und nachdenklich. Wie der Bub aus dem Emmental zu einem der Grossen der internationalen Impro-Jazz-Szene geworden ist. Als Kind hütete er Schafe auf einer Alp und experimentierte stundenlang mit seiner Stimme. Als Jugendlicher machte er Punkmusik und wurde Lehrer. Heute ist der studierte Musiker und Komponist Andreas Schaerer ein Grenzgänger, der sich irgendwo zwischen experimentaler Avantgarde und Mainstream verorten lässt. Er ist ein Star der Jazz-Improvisation und ein umtriebiger Getriebener.
Sun, 07 Jan 2024 - 487 - Silvester-Ausgabe: Das verloren gegangene Lied
Wie entscheidet man sich für fünf Musikstücke, die einem besonders viel bedeuten und mit dem eigenen Leben verwoben sind? Keine einfache Aufgabe, die unsere Gäste meistern müssen. In dieser Sendung kommen jene Stücke zum Zug, die es in diesem Jahr nicht in die engste Auswahl geschafft haben. «Was, nur fünf Stücke?!» – Ein Satz, den wir als Moderationsteam von «Musik für einen Gast» häufig zu hören bekommen. Und womöglich geht es manchen Gästen auch so, dass sie ihre Auswahl im Nachhinein anpassen würden, weil ein besonders wichtiges Lied vergessen gegangen ist. In der letzten Sendung des Jahres machen wir einen musikalischen Rückblick und sprechen mit fünf Gästen aus dem Jahr 2023 über ihre verloren gegangenen Lieder: Südpazifikspezialist Hansjörg Hinrichs, Autorin und Podcasterin Jagoda Marinic, Musiker Beatman Zeller, Journalistin und Moderatorin Vivian Perkovic und Autor Ralph Tharayil. Die gespielten Titel: Hansjörg Hinrichs: John Lennon and the Plastic Ono Band - Give Peace a Chance Jagoda Marini?: Counting Crows - Mr. Jones Reverend Beat-Man: The Beat-Man Way Beatman Zeller: Screamin' Jay Hawkins - I Put A Spell On You Vivian Perkovic: To Athena (alias Tiffany Limacher) – Wery Be Ralph Tharayil: Kourosh Yaghmaie – Gole Yakh (Winter Sweet)
Sun, 31 Dec 2023 - 486 - Marlise Pfander – ehemalige Gefängnisdirektorin
Als Marlise Pfander ihre Stelle als Direktorin im Regionalgefängnis Bern antrat, kommentierte ein Kollege: «Eine Frau auf diesem Posten? Das ist ein Fehler. Das hältst du kein halbes Jahr durch.» Pfander blieb – bis zu ihrer Pensionierung. Und erhält noch heute Briefe von manchen Insassen. Marlise Pfander ist die erste Frau, die in der Schweiz ein Männergefängnis geleitet hat. Und: Pfander war eine Quereinsteigerin ohne akademischen Hintergrund. «Wenn man heute keine Meetings macht für ein Brainstorming mit den Stakeholdern, wenn man diese Sprache nicht beherrscht, wird man ja kaum mehr ernst genommen», stellt sie fest – doch ging unbeirrt ihren eigenen Weg. Ihre unkonventionellen Ansätze bewährten sich und brachten ihr den Respekt und sogar die Zuneigung der Inhaftierten ein. In dieser Weihnachtsausgabe von «Musik für einen Gast» erzählt Marlise Pfander von der Einsamkeit, die während der Festtage in den Gefängnissen besonders präsent ist, von der Dankbarkeit, die sie für ihr eigenes Umfeld verspürt und davon, wie sie jedes Jahr am 25. Dezember in den Fluren des Gefängnisses «Stille Nacht» sang. Die gespielten Titel: Ruedi Rymann - Dr Schacherseppeli Melina Mercouri - Ein Schiff wird kommen Bobby Goldsboro - Honey Ivan Rebroff - Wolgalied Franz Xaver Gruber - Stille Nacht, heilige Nacht Montanara-Chor
Sun, 24 Dec 2023 - 485 - Ruth Margot, Sängerin
«Durch den Schatten singen» – in ihrer soeben erschienenen Autobiografie erzählt Ruth Margot von ihrer Kindheit im Bernbiet, geprägt von Entbehrung und Lieblosigkeit. Als uneheliches Kind wuchs sie in ärmlichen Verhältnissen auf. Immer wieder musste die Familie umziehen, da ihr alkoholkranker Stiefvater seine Stelle als Melker verlor. Ruth Margot schämte sich, litt und schwieg. Aber innerlich wusste sie, wenn sie erwachsen sein würde, dann würde sie ein anderes Leben führen. Sie besass schon als Kind eine schöne Stimme und sang leidenschaftlich gerne. Nach einer kaufmännischen Lehre machte sie eine Ausbildung zur Redaktorin. Doch der Wunsch, Sängerin zu werden, liess sie nicht los. Zusammen mit ihrem Mann, dem Musiker Res Margot, hat sie sich diesen Traum erfüllt. Die beiden treten gemeinsam auf, und haben vor kurzem eine CD mit sardischen Gesängen eingespielt. In Musik für einen Gast bei Eva Oertle erzählt die 78-jährige Ruth Margot auch davon, wie sie in Sardinien auf Spurensuche ging nach ihrem leiblichen Vater, einem italienischen Partisanen, und wie sie dabei die sardische Volksmusik kennen und lieben gelernt hat. Die gespielten Titel: Margot/Margot – Dillu Ruth Margot und Res Margot Melina Mercouri – Ein Schiff wird kommen (Les enfants du Pirée) von Manos Hadjidakis Mahalia Jackson – In The Upper Room Nina Simone - Nobody Knows You When You're Down And Out Jimmy and Mama Yancey - Make Me A Pallet On The Floor Maria Carta – Figli di nessuno Margot/Margot – Figli di nessuno Ruth Margot und Res Margot
Sun, 17 Dec 2023 - 484 - Samuel Herzog, Autor und Künstler
Für die meisten Menschen ist ein Bund Petersilie lediglich ein Büschel Küchenkraut. Für Samuel Herzog versteckt sich darin die ganze Welt. Der Grenzgänger zwischen Kunst, Küche und Literatur über sich und seine Lebensmusik. Kennen Sie Lemusa? So heisst eine fiktive Insel, erdacht von Autor und Künstler Samuel Herzog. Neben der wöchentlichen Rubrik «Mundstücke» in der Neuen Zürcher Zeitung, erschafft Herzog Welten fluktuierend zwischen Fantasie und Wirklichkeit. Ornamental arrangierte Lebensmittel werden zu Tischbildern, profanes Gemüse zu Begleitern von Weltereignissen und Postkarten aus dem letzten Jahrhundert zu Blaupausen einer Reise durch Feld, Wald und Wiese. Samuel Herzog verwebt Dinge, die scheinbar nichts miteinander gemein haben, und verzaubert so gleichsam Lesende, Zuhörende und Essende. In «Musik für einen Gast» spricht er über sich und sein vielfältiges Leben, das ihn als Schlafwagenschaffner zum Basilikumschmuggel trieb oder als archäologischer Ausgrabungstechniker der Bronzezeit nähergebracht hat. Die gespielten Titel David Popper - Elfentanz für Violoncello und Klavier, Op. 39 Gauthier Capuçon, Violoncello / Orchestre de Chambre de Paris / Douglas Boyd, Leitung Francis Poulenc – Sonate für Klarinette und Klavier. A la mémoire d'Arthur Honegger 2. Romanza Jean-Philippe Vivier, Klarinette / Tamayo Ikeda, Klavier Niels Lan Doky - Mot thoang tay ho = A moment of Westlake Brigitte Fontaine – Prohibition Lemon Jelly – Homage To Patagonia
Sun, 10 Dec 2023 - 483 - Sylvia Eichenwald Bodenheimer – Musikerin, Autorin
Vieles verbindet sich mit Sylvia Eichenwald Bodenheimer. Die Liebe zur Musik, die Aufenthalte in Israel, die Jahre als Leiterin der Musikschule Basel. Etwas aber ist für diese Sendung von besonderer Bedeutung: Sie ist die Tochter von Roswitha Schmalenbach, der Erfinderin von «Musik für einen Gast». Geboren wird Sylvia Eichenwald Bodenheimer als Tochter der Schauspielerin und Radiomacherin Roswitha Schmalenbach und des Komponisten Philipp Eichenwald. Die Lebendigkeit des Künstlerhaushaltes ist genauso prägend wie die politischen Diskussionen am Mittagstisch, aber auch wie das Schweigen über die Gräuel, die die jüdische Familie kurz zuvor noch erlebt hat. Entsprechend ihrer Begabung entscheidet sich Sylvia Eichenwald Bodenheimer für ein Musikstudium, studiert Flöte und Musiktheorie, findet aber rasch den Weg zum Theater, wo sie Lichtinspizientin wird. Später folgen die Jahre in der Direktion und schliesslich als Leiterin der Musikschule Basel gefolgt von Jahren zwischen der Schweiz und Israel, wo sie und ihr Mann Aron Bodenheimer die Winter verbringen. Heute widmet sich Sylvia Eichenwald Bodenheimer hauptsächlich dem Schreiben. Sie arbeitet gerade an ihrem dritten Roman. Von ihrer Liebe zu Mozart und ihrer Leidenschaft generell für die Musik, von ihren Jahren am Theater und ihren Ideen als Musikschulleiterin, von ihren Begegnungen in Israel und ihrer Passion fürs Schreiben und natürlich auch von ihrer prominenten Mutter Roswitha Schmalenbach, auf die sie bis heute stolz ist, erzählt Sylvia Eichenwald Bodenheimer ihrem Gastgeber Michael Luisier. Die gespielten Titel Wolfgang Amadeus Mozart – Die Zauberflöte. Oper in 2 Akten. KV 620 1. Ouvertüre Orchester der Oper Zürich / Nicolaus Harnoncourt, Leitung Heinrich Schütz – Ich bin die Auferstehung und das Leben Abendmusiken Basel / Jörg-Andreas Bötticher Livestream vom 11. April 2021 Aufnahme: Oren Kirschbaum Ludwig van Beethoven - An die ferne Geliebte 6. Lied: Nimm sie hin denn, diese Lieder Dietrich Fischer-Dieskau, Bariton / Jörg Demus, Klavier Heinz Holliger - En c(h)oeur - encore, kleines Trio für 2 Oboen und Englischhorn 1. Praeludchen 2. Fughettchen 3. Rondes (Lobhymnus auf die Pfundnote) Heinz Holliger / Andrea Bischoff / Marie-Lise Schüpbach Hatikvah - Israelische Hymne Leonard Bernstein / Israel Philharmonic Orchestra / The Kol Ysrael Symphony Orchestra
Sun, 03 Dec 2023 - 482 - Historische Reprise: Mäni Weber, Fernseh-Quizmaster, Moderator, Radioreporter
Er war einer der ersten Stars des Schweizer Fernsehens, seine Sendungen waren Strassenfeger: Mäni Weber wurde mit Quiz-Shows wie «Dopplet oder nüt» oder «Wer gwünnt?» landesweit bekannt. In «Musik für einen Gast» war er kurz nach seiner ersten Hochzeit im Gespräch mit Roswitha Schmalenbach. Als «Mäni National» ging der Basler in die TV-Geschichte der Schweiz ein. Der studierte Ökonom kam als Sportreporter zu Radio DRS und machte in der goldenen Ära des Fernsehens Karriere, als sich die Nation am Samstag Abend um den Bildschirm versammelte. Mäni Webers Beliebtheit ging so weit, dass in der Stadt Baden Ende der 1960er Jahre einmal eine Gemeindeversammlung nicht beschlussfähig war, weil an diesem Abend «Dopplet oder nüt» lief. Nach seinem Tod 2006 stand in einem Leserbrief: «Mäni war ein Teil von uns allen.» Mäni Weber war schlagfertig, charmant und genoss es, vor der Kamera zu stehen. Das Promi-Leben zelebrierte er mit Massanzügen, Zigarre und Porsche. Lange galt er als begehrtester Junggeselle der Schweiz. Seine Hochzeit 1968 mit der früheren Swissair-Stewardess Irène Monigatti wurde als Medienereignis gefeiert. Nur zehn Tage später plauderte er in «Musik für einen Gast» mit Roswitha Schmalenbach über sein Verhältnis zu Sport und Chauvinismus, über das Chaos in seinem Kleiderschrank, über seine Liebe zu Sportwagen und über seine Skepsis gegenüber den Demonstrationen der Jugendbewegung. Sendung vom 01.09.1968 Die gespielten Titel: Geschwister Schmid – Am Himmel Stoht Es Sternli (von Arthur Beul) Sidney Bechet – Les Oignons Sidney Bechet Quintet Schwedisches Volkslied - Ack Värmeland, du sköna Leonard Bernstein – West Side Story (Original Motion Picture Soundtrack) Act I: Maria Jim Bryant, Tony / Johnny Green, Dirigent The Sandpipers – Guantanamera José Fernàndez Díaz / Héctor Angulo Vico Torriani – Dorma bain Frank Sinatra – Love And Marriage
Sun, 26 Nov 2023 - 481 - Historische Reprise: Kurt Marti, Pfarrer und Schriftsteller
Der Berner Theologe und Dichter (1921-2017) wurde bekannt für seine Kunst, theologische Reflexionen mit engagierter Lyrik zu verbinden. Sein wacher, gesellschaftskritischer Geist spiegelt sich in seinen Musikwünschen für eine Ausgabe von «Musik für einen Gast» aus dem Jahr 1966. «Wenn man sich nicht für Politik interessiert, wird Politik mit einem gemacht.» So knapp antwortet Kurt Marti auf die Frage der Moderatorin Roswitha Schmalenbach, ob es die Aufgabe eines Pfarrers sei, sich zum Tagesgeschehen zu äussern. Kurt Martis Interesse an brennenden gesellschaftlichen Fragen zeigt sich auch in seinen Musikwünschen, mit denen er die langjährige Gastgeberin der Sendung verblüfft: Sein Engagement gegen die atomare Ausrüstung bringt er mit einem Blues von Charles Mingus über die Angst vor der Atombombe zum Ausdruck. Seine Unterstützung für die Friedensbewegung klingt an in «Le deserteur» von Boris Vian. Und die Anliegen der Bürgerrechtsbewegung in den USA greift er mit der Hymne «We shall overcome» auf, gesungen von Joan Baez. Kurt Marti erzählt, wie ihn in seiner Jugend das Lebensgefühl faszinierte, für das Jazz damals stand. Er erklärt, weshalb er beim Schreiben eine Scheu davor hat, das Wort «Gott» zu verwenden und liest ein eigenes Gedicht, in dem er eine theologische Überlegung mit einer gesellschaftlichen Frage verbindet. Sendung vom 28.09.1966 Die gespielten Titel: Charles Mingus – Oh Lord, Dont Let Them Drop That Atomic Bomb On Me Notker Balbulus – Pfingsthymnus Sancti, Spiritus, Assid Silvia Frei, Sopran / Walter Frei, Blockflöte Robert Suter – Jeu inégal Antoinette Vischer, Cembalo / Zeitgenössische Cembalo Musik Boris Vian – Le Déserteur Joan Baez – We Shall Overcome Live Aufnahme, Miles College Birmingham, Alabama 5.5.1963 Karl Valentin – die Uhr von Löwe Jean-Baptiste Lully – Gavotte Quartett für Doppelrohrblattinstrumente Paris Charles Mingus - Myself When I Am Real Johann Sebastian Bach – Suite für Laute c-Moll (Lute works original versions, 10-string guitar) 1. Prélude 2. Fuge Stefan Schmid, Gitarre
Sun, 19 Nov 2023 - 480 - Historische Reprise: Erika Mann - Kabarettistin, Schriftstellerin, Journalistin
Die älteste Tochter von Thomas Mann brach mit vielen Konventionen ihrer Zeit. In «Musik für einen Gast» gab sie 1964 einen Einblick in ihr Leben als politische Kabarettistin, Weltreisende, amerikanische Kriegsberichterstatterin und Rennfahrerin. «Der Ehrenplatz ist zwischen allen Stühlen. Ein unbequemer Platz, auf dem ich nun schon sehr lange sitze», sagt Erika Mann im Rückblick auf ihr rastloses Leben. Im Gespräch mit der Moderatorin Roswitha Schmalenbach erzählt die 58jährige, die damals schon viele Jahre in Zürich lebte, wie sie 1933 von Schweizer Frontisten mit Stinkbomben beworfen wurde, als sie mit dem politisch-literarischen Kabarett «Die Pfeffermühle» auftrat. Diese einflussreiche kulturelle Unternehmung mit antifaschistischer Stossrichtung, die sie in die Emigration zwang, sei ihr von all ihren Projekten das liebste gewesen, sagt Erika Mann. Zwischen ihren Musikwünschen erzählt sie von ihrer Zeit im Exil als Vortragsrednerin in den USA und vom Ende des 2. Weltkriegs in Deutschland, das sie als amerikanische Kriegsberichterstatterin miterlebte. Sie erinnert sich an Weltreisen, eine Auto-Rallye, die sie am Steuer eines Fords gewann, und sie spricht über die grosse Bedeutung, die Musik in ihrem Elternhaus spielte und die Bücher ihres Vaters prägte. Sendung vom 07. Juli 1964 Die gespielten Titel: Heinrich Marschner – Hans Heiling. Romantische Oper in 1 Prolog und 3 Akten, Op.80 Act I: Aria: An jenem Tag, da du mir Treue versprochen Heinrich Schlusnus / Studio Orchestra / Bruno Seidler-Winkler, Leitung Georg Kreisler – Der Bluntschli Robert Schumann – Liederkreis. 12 Lieder für Singstimme und Klavier, Op. 39 5. Die Mondnacht Dietrich Fischer-Dieskau, Bariton / Gerald Moore, Klavier Johann Sebastian Bach – Cantatas – Jesu, der du meine Seele, BWV 78 No.2, Wir eilen mit schwachen, doch emsigen Schritten Thomanerchor Leipzig / Gewandhaus Orchester Leipzig / Günther Ramin Charles Trenet – La polka du roi Gustav Mahler – Symphony No. 5 3. Adagietto. Sehr langsam New York Philharmaonic / Bruno Walter Samuel Barber – Excursions. 4 Stücke für Klavier 2. In slow blues tempo / 3. Allegretto / 4. Allegro molto Andor Földes, Klavier
Sun, 12 Nov 2023 - 479 - Historische Reprise: Roswitha Schmalenbach, Schauspielerin und Radiomoderatorin
Sie war die erste Moderatorin von «Musik für einen Gast» - in diesem Jahr wäre sie 100 Jahre alt geworden: Die Schauspielerin Roswitha Schmalenbach gehörte zu den bekannten Radiostimmen der Schweiz. Am liebsten wäre sie Sängerin geworden, doch dafür habe ihre Stimme nicht gereicht, erzählt Roswitha Schmalenbach (1923-2002) im Gespräch mit ihrem Kollegen. Sie wurde Schauspielerin und Kabarettistin, später arbeitete sie bei Radio DRS als Redaktorin und Moderatorin. Zuerst hatte sie keine Lust, Prominente zu ihrer Lieblingsmusik zu befragen – ein Vorschlag des damaligen Radiodirektors, dem sie eine Absage erteilte. Doch dann fing sie Feuer für die Idee, die Sendung «Musik für einen Gast» als Porträt entlang von Musikwünschen zu gestalten. Ihre Sendung am Sonntagnachmittag wurde so beliebt, dass Roswitha Schmalenbach am Postschalter an der Stimme erkannt wurde. Für die 300. Ausgabe wechselte sie auf die andere Seite des Mikrofons und liess sich von Heiner Gautschy befragen. In der historischen Reprise vom 28.6.1970 spricht sie über den Stellenwert der Musik in ihrem Elternhaus in Riehen bei Basel, über böse Hörerpost und ihre Liebe zum Theater und zur zeitgenössischen Musik, die sie dank ihrem Mann, dem Komponisten Philipp Eichenwald, kennenlernte. Die gespielten Titel: W.A. Mozart: Krönungsmesse KV 317: «Agnus Dei» Maria Stader / Oralia Dominquez / Ernst Haefliger / Michel Roux / Chor Elisabeth Brasseur / Maurice Allard / Orchester Lamoureux / Igor Markevitsch Richard Strauss – Ariadne auf Naxos: An Ihre Plätze, Meine Damen Und Herrn! Gundula Janowitz / Teresa Zylis-Cara / Theo Adam / Rudolf Kempe / Staatskapelle Dresden Mary Hopkin – Those Were The Days Anton Webern - «Dormi Jesu» aus Five Canons on Latin Texts for Soprano, Clarinet, and Bass Clarinet, Op. 16 Grace-Lynn Martin / Mitchell Lurie / William Ulyate / Robert Craft J.S. Bach - «Polonaise» aus der Suite Nr.2 H-Moll, BWV 1067 Severino Gazzelloni / I Musici / Berliner Philharmoniker / Wilhelm Schüchter Franz Schuberts Trio No. 2 In E Flat Major, Op. 100 - Third Movement: Scherzo (Allegro Moderato) The Immaculate Heart Trio
Sun, 05 Nov 2023 - 478 - Dominik Muheim - Slam-Poet, Kabarettist, Erzähler
Dominik Muheim hat fünf Poetry-Slam Schweizermeistertitel. Jetzt - sechs Jahre und fünf Programme später - gewinnt er auch den Salzburger Stier, den bedeutendsten Kleinkunstpreis im deutschsprachigen Raum. In «Musik für einen Gast» erzählt er von seinem Weg zum Erfolg. Dominik Muheims Heimat ist das Dorf. Konkret: das Dolf Reigoldswil ganz hinten im baselbieter «Feuflyybertal». Dort verbringt er eine unbeschwerte Kindheit und Jugend mit Streifzügen durchs Dorf oder auf nachmittagelangen Schlittenfahrten auf der nahe gelegenen «Wasserfallen». Rasch entdeckt er sein Erzähltalent. Geschichten, die er erlebt hat, bereitet er auf dem Heimweg von der Schule so vor, dass er sie am Mittagstisch wie kleine Kabarettnummern bringen kann. Über den Besuch einer Poetry-Slam-Veranstaltung kommt er auf den Geschmack und fängt selbst damit an, literarische Texte zu schreiben und zu performen. Schliesslich zieht er nach Basel und wagt nach drei Jahren als Primarlehrer schlussendlich den Schritt zum freischaffenden Künstler. Von seinen Versuchen und Erfolgen, von seinen Slams und Programmen, von seinen Inhalten und Arbeitsweisen und natürlich auch von der Musik, die ihn als Sänger und Gitarristen der Band «The Ringdingbings» vom Drei-Akkord- Punk bis hin zu einem komplexem Powerswing geführt hat, erzählt der frischgebackene Salzburger-Stier-Gewinner Dominik Muheim im Gespräch mit Gastgeber Michael Luisier.
Sun, 29 Oct 2023 - 477 - Marc Graf – Forensischer Psychiater, Klinikdirektor
Die Berge haben das Leben von Marc Graf geprägt: Sei es, um beim Skifahren Abstand von seiner Arbeit zu gewinnen, als Kind, das in der Schneehöhle übernachtete, oder als junger Mann, der beim Klettern und Gleitschirmfliegen bis an die Grenzen ging – und darüber hinaus. Einige der Menschen, mit denen Marc Graf beruflich zu tun hat, begingen Straftaten, die grosses Leid verursacht haben: Mörderinnen, Sadisten, Pädophile. Wie begegnet man solchen Menschen im Wissen um ihre Taten? Was sieht Graf, wenn er ihnen gegenübersitzt? «Ich meine zu glauben, dass ich immer auch das Menschliche erkenne», sagt der forensische Psychiater. «Es ist nicht meine Aufgabe, Straftaten zu entschuldigen, zu beschönigen. Sondern zu versuchen, zu verstehen.» Verstehen: Das wollte Marc Graf schon früh. Als kleiner Junge, der beobachtete, wie schwer es Menschen fällt, liebevoll miteinander umzugehen, selbst wenn sie sich darum bemühen. Als Schüler, der miterlebte, wie Waisenkinder von einem Lehrer misshandelt wurden. Als Jugendlicher in einem Vorort von Chur, in dem die Patientinnen und Patienten der nahen psychiatrischen Klinik in weiten, weissen Gewändern spazieren gingen und behandelt wurden, als wären sie Teil einer anderen Welt. In «Musik für einen Gast» gibt Marc Graf Einblicke in seine Arbeit, erzählt von der Faszination, die er bis heute verspürt, aber auch dem grossen Druck, der damit verbunden ist. So verfasst er unter anderem Gutachten, die von Gerichten verwendet werden, um über die mögliche Entlassung eines Gefangen oder über eine Verwahrung zu entscheiden. Doch Marc Graf gibt auch viel Persönliches preis: Er erzählt von seiner Liebe zu den Bergen, wie er schon als Zehnjähriger mit einem Freund allein in einer Schneehöhle übernachten durfte und später als junger Mann anspruchsvolle Berg- und Klettertouren unternahm, bis ihm sein jugendlicher Mut fast das Leben kostete.
Sun, 22 Oct 2023 - 476 - Alain Kupper, Künstler
Alain Kupper ist Künstler, Fotograf, Musiker und Gestalter. Zudem betätigt er sich als Galerist. Ein Besuch im Hinterzimmer seiner Galerie offenbart die Tonspur eines Lebens als Gesamtkunstwerk. Buchantiquariate und Plattenläden seien die schönsten Orte, weil er da Dinge finde, die er nicht suchen würde, sagt Alain Kupper. Der gebürtige Basler betreibt eine Kunstgalerie in Zürichs Kreis Vier, betätigt sich als Musiker, als Gestalter und als Künstler. In der Laudatio, anlässlich der Verleihung des Eidgenössischen Kunstpreises (2008), wurde Kupper als «Brückenbauer zwischen der Hochkultur und dem Underground» gewürdigt. Welche Musikstücke sein Leben nachhaltig geprägt und beeinflusst haben, verrät Alain Kupper im Gespräch mit Hannes Hug.
Sun, 15 Oct 2023 - 475 - Barbara Traber – Schriftstellerin, Journalistin, Lektorin
Barbara Trabers Wirken auf zwei, drei Wörter zu reduzieren, ist unmöglich. Und auch nicht sinnvoll. Zu vielfältig sind ihre Aufgaben, zu breit ihre Interessen. Was man aber sagen kann: Barbara Traber lebt für die Literatur und die Musik. Und hat ein Leben lang ganz besondere Begegnungen gemacht. Geboren wird Barbara Traber 1943 in Thun. Ihr Vater ist Lehrer, ein leidenschaftlicher Geiger und gibt seiner Tochter früh die Liebe zur Musik weiter. Auch die Literatur tut es ihr früh bereits an. Schon als Mädchen liest sie alles, was ihr in die Finger kommt. Die Literatur im professionellen Bereich begegnet ihr ein erstes Mal in London, wo sie als Au-Pair-Mädchen ihr Englandjahr verbringt. Durch einen Zufall lernt sie den Schriftsteller Elias Canetti kennen und wird seine Privatsekretärin. Überhaupt zeichnet sich Barbara Trabers Leben durch viele besondere Begegnungen aus: Der Komponist Franz Reizenstein ist ihr Gastgeber im Englandjahr. Den Maler Ben Enwonwu trifft sie kurze Zeit später in Nigeria, wo sie auf der Schweizer Botschaft arbeitet. Viele bekannte Musiker lernt sie im Radiostudio Bern kennen, wo sie in den 70erjahren eine Stelle hat, und schliesslich begegnet sie dem Berner Troubadour Markus Traber, ihrem künftigen Ehemann, mit dem sie nicht nur eine Familie gründet, sondern auch eine kleine Firma: das Büro für fast alles. Von ihren Aufgaben und Begegnungen, von ihren Reisen und Auslandaufenthalten, von ihrer Literatur und ihrer Musik erzählt Barbara Traber im Gespräch mit Gastgeber Michael Luisier.
Sun, 08 Oct 2023 - 474 - Lucien Leitess, Gründer des Unionsverlags
«Man steht mit den Füssen im Schlamm und greift mit den Händen nach den Sternen.» So beschreibt Lucien Leitess die Leitung eines unabhängigen Verlags, der Literatur aus allen Weltregionen zugänglich macht. Nun gibt er sein Lebensprojekt in andere Hände. Seit einem halben Jahrhundert öffnet der Unionsverlag von Zürich aus ein Fenster zur Welt. Gegründet wurde er an einem Küchentisch mit minimalem Budget, im Geist der sozialen Bewegung der 68er. Das erste Buchlager befand sich unterm Ehebett, ein Büro gab es lange nicht. Niemand konnte wissen, dass der kleine Verlag einmal mehr als 1000 Bücher aus Regionen herausbringen würde, deren Literatur im deutschsprachigen Raum meist wenig Beachtung findet. Doch die Nationalität von Autorinnen und Autoren zähle für ihn nicht, sagt Lucien Leitess: «Es gibt nur eine grosse Weltliteratur.» Auch die Playlist des Verlegers, der sich lieber als Büchermacher bezeichnet, spannt einen Bogen über mehrere Kontinente. In «Musik für einen Gast» erzählt Lucien Leitess von seiner allerersten LP, von den bewegten Gründungsjahren des Unionsverlags, von der Schönheit der Programmiersprache und von seinem bevorstehenden Abschied vom Verlag - obwohl die Liste der Bücher, die er gerne herausgeben würde, noch lang ist.
Sun, 01 Oct 2023 - 473 - Kashka Knapkiewicz – Architektin
«Grundrisse entwerfen, ist wie Musik spielen», sagt Kashka Knapkiewicz. Gemeinsam mit ihrem Partner Axel Fickert baut die Architektin Lebensräume mit Atmosphäre, Sinnlichkeit und Witz. Kashka Knapkiewicz über den «Sound» des Raumes und die Musik in ihrem Leben. «Hornbach», «Vogelsang», «Lokomotive» – so lautmalerisch ihre Namen, so markant ist auch die Erscheinung der Wohnsiedlungen von «Knapkiewicz und Fickert». Erdacht seien ihre Bauten als «Bühnen des Lebens», sagt Kashka Knapkiewicz, die eine Hälfte des Architektenduos. Gemein sind ihren Bauwerken unübliche Grundrisse, überraschende Details und oftmals knallige Farben. Die unkonventionellen Bauten sorgen in der Architekturszene häufig für Irritation und bei den Bewohnenden für Begeisterung, bemerkt die Architektin. Worauf es ihr beim Bauen ankommt und wie sich die Musik der Rockgruppe «Led Zeppelin» auf ihren Autofahrstil auswirkt, verrät Kashka Knapkiewicz im Gespräch mit Hannes Hug.
Sun, 24 Sep 2023 - 472 - Kamilla Schatz, Leiterin der Pestalozzi Schulcamps
Kunst und Wissenschaft faszinieren Kamilla Schatz seit jeher. Diese Leidenschaft an Kinder zu vermitteln, ist ihr ein grosses Anliegen. Seit 2017 organisiert sie die Pestalozzi Schulcamps: Projektwochen, in denen Primarschulklassen ausserhalb der normalen Unterrichtsstruktur eintauchen können in die Welt der Wissenschaften, der Musik und des Tanzes. Musikerin in ihrem ersten Beruf, war Kamilla Schatz früher als Geigerin und Kammermusikerin unterwegs, zudem ist sie seit 20 Jahren künstlerische Leiterin des Resonanzen Festivals im Engadin. Wie es kam, dass sie mit 48 Jahren die Geige weglegte und sich beruflich neu orientierte, was sie an ihrer neuen Aufgabe fasziniert und was sie mit der Musik von Nikolaj Roslavez verbindet, erzählt Kamilla Schatz in MfeG bei Eva Oertle.
Sun, 17 Sep 2023 - 471 - Thomas Baer – Hotelier, früherer Radiomann und Verlagsbuchhändler
Nach zwanzig Jahren als Pächter des «Hotel Weisses Kreuz Bergün» gibt Thomas Baer die Leitung des renommierten Gasthofs ab. Diese zwanzig Jahre sind allerdings nur eine - wenn auch sehr wichtige - Station in einem bewegten Leben mit mindestens drei Berufen. Geboren wird Thomas Baer in Zürich, was der Basler scherzeshalber als sein Geheimnis bezeichnet. Mit drei Jahren zieht die Familie nach Basel, wo Thomas eine glückliche Kindheit verbringt. Die Dinge ändern sich mit dem Umzug in einen Vorort. Probleme mit Lehrern führen zu Problemen in der Schule. Schliesslich schicken ihn die Eltern in ein katholisches Internat im Kanton Fribourg, wo ein junger Präfekt, fortan «Schtumbbekarli» genannt, den Jungen auf den rechten Weg bringt. Seither gehts steil bergauf, wie Thomas Baer sagt. Es folgen eine Lehre als Verlagsbuchhändler und einige Jahre beim Zytglogge-Verlag in Bern und beim Lenos-Verlag in Basel, 19 Jahre beim damaligen Radio DRS1, wo er unter anderem für den «Querschnitt durch die Basler Fasnacht» zuständig gewesen ist, und die Zeit in Bergün, wo er zusammen mit seiner Frau Ursina Barandun das Hotel «Weisses Kreuz» geführt hat. Von all dem berichtet Thomas Baer in «Musik für einen Gast» seinem Gastgeber Michael Luisier. Und natürlich auch von seiner tiefen Liebe zur Musik, die für ihn vor allem eines zu sein hat, egal ob sie nun als Volksmusik, Chanson oder Bluesnummer daherkommt: urchig.
Sun, 10 Sep 2023 - 470 - Jakob Kern, ehem. Vize-Stabschef des UNO-Welternährungsprogramms
Ob mit US-Präsident Joe Biden, einem Lastwagenfahrer in Syrien oder der hungernden Bevölkerung einer belagerten Stadt: Jakob Kern bemüht sich, mit allen Menschen gleich umzugehen. Eine Eigenschaft, die ihm während seiner 25 Jahre beim Welternährungsprogramm der UNO oftmals zugutekam. Loszulassen sei er sich gewohnt, sagt Jakob Kern. Über 50 verschiedene Jobs hat er im Laufe seines Lebens ausgeübt: vom Paketaustragen als Bub im appenzellischen Rehetobel, über die Arbeit als Ingenieur, Kayaklehrer, professioneller Fischer oder Babysitter bis hin zur Führungsperson im «World Food Programme» der UNO, das weltweit 160 Millionen Menschen mit Nahrungsmitteln versorgt. Darum falle es ihm auch nicht schwer, sich auf die neue Phase in seinem Leben einzustimmen: Seit Mai dieses Jahres ist Jakob Kern pensioniert und blickt auf eine reiche, abenteuerliche Laufbahn zurück. In «Musik für einen Gast» erzählt er sowohl aus seinem beruflichen, wie seinem privaten Leben: Wie er als Kind Cello spielen lernte, weil das Instrument noch fehlte in der Kammermusik der Familie Kern, wie er seine anfänglichen Pläne eines strukturierten, bürgerlichen Lebens über den Haufen warf, sich in Liberia in seine Frau verliebte, wie er nur eine Woche nach dem russischen Angriff in die Ukraine reiste, um die Zivilbevölkerung vor Ort zu unterstützen – und Joe Biden erklärte, was dabei die Herausforderungen sind.
Sun, 03 Sep 2023 - 469 - Nicole Niquille, erste Bergführerin der Schweiz
Als erste Schweizerin machte Nicole Niquille 1986 das Diplom als Bergführerin. Seit einem Unfall lebt sie im Rollstuhl, was sie nicht daran hinderte, eine Bergwirtschaft zu leiten und ein Spital in Nepal zu gründen. «Hast Du vor nichts Angst?» Diese Frage bekam Nicole Niquille schon als Mädchen zu hören. Mit ihrer Zwillingsschwester begann sie in den Gastlosen im Greyerzerland zu klettern, obwohl ihr Bein bei einem Motorradunfall schwer verletzt worden war. Sie habe von zu Hause mitbekommen, nie den einfachsten Weg zu wählen, erzählt Nicole Niquille im Rückblick. Sie suchte das Abenteuer, war lange mit dem Bergsteiger Erhard Loretan unterwegs, wagte sich an die Besteigung von Achttausendern im Himalaya und beschloss dann, ihre Leidenschaft zum Beruf zu machen: Als erste Frau absolvierte sie die harte Ausbildung zur Bergführerin. Ein kurzer Moment vor bald 30 Jahren beendete ihr Leben als Alpinistin: Beim Pilzsuchen wurde Nicole Niquille von einem Stein getroffen, seither ist sie querschnittsgelähmt. Akzeptieren könne man so etwas nie, sagt sie heute, und doch habe sie ihre Lust am Leben immer behalten. Nach der Rehabilitationszeit machte sie das Wirtepatent, leitete eine Bergwirtschaft im Wallis und gründete in Nepal, wo sie früher auf Expeditionen war, ein dringend benötigtes Bergspital. Seit bald 20 Jahren setzt sie sich mithilfe einer Stiftung von der Schweiz aus für den Betrieb des «Hôpital Pasang Lhamu & Nicole Niquille» ein.
Sun, 27 Aug 2023 - 468 - Vivian Perkovic - Journalistin, Moderatorin
Vivian Perkovic ist Moderatorin der Fernsehsendung «Kulturzeit» auf 3sat, die im letzten Herbst den Deutschen Fernsehpreis bekam. Dass das Kulturformat als Informationssendung ausgezeichnet wurde, passt zu Vivian Perkovic, deren Anspruch an den Journalismus vor allem ein gesellschaftlicher ist. Vivian Perkovic stammt aus einer jugoslawischen Gastarbeiterfamilie, die in den Siebzigerjahren nach Deutschland gekommen ist und sich viel abverlangt hat. Entsprechend prägend ist die Arbeit auch für sie selbst, wie Vivian Perkovic sagt. Nach dem Abitur studiert sie Germanistik und Südslawistik, entscheidet sich dann aber für den Journalismus, den sie im Printbereich und in Form des Lokaljournalismus kennenlernt. Danach wechselt sie zum Radio, später Fernsehen. Und bald arbeitet sie als Autorin, Moderatorin und Reporterin für den Bayerischen- und den Westdeutschen Rundfunk, für RBB, den SWR und für Deutschland Radio Kultur. Und zwar nicht hintereinander und jeweils für kurze Dauer, sondern ihrer Arbeitsmoral entsprechend gleichzeitig und über eine lange Zeit. Mittlerweile ist Vivian Perkovic fester Bestandteil des Kulturjournalismus-Flaggschiffs «Kulturzeit», wo sie nicht nur als Moderatorin tätig ist, sondern auch zum Redaktionsteam gehört und gelegentlich als Reporterin unterwegs sein kann. Von ihrer Prägung als Gastarbeiterkind und ihrer Einstellung zur Arbeit, von ihrem Ethos als Journalistin und ihrem Selbstverständnis Teil einer Gesellschaft und vor allem von ihrem grossen Wissen über Musik und ihrer Liebe zum Rap erzählt Vivian Perkovic im Gespräch mit Gastgeber Michael Luisier.
Sun, 20 Aug 2023 - 466 - Esther Elisabeth Schütz, Sexologin und Sexualtherapeutin
Als junge Primarlehrerin hat Esther Schütz in den 80er Jahren auch Sexualpädagogik unterrichtet. Später machte sie sich selbständig und gründete das Institut für Sexualpädagogik ISP in Uster, das sie über 20 Jahre leitete. Ihr Lehrbuch «Praxis der Sexualpädagogik» wurde vom Bundesamt für Gesundheit ausgezeichnet und hat den Schweizerischen Kinder- und Jugendmedienpreis «Die rote Zora» gewonnen. In Musik für einen Gast bei Eva Oertle spricht Esther Schütz über ihren Weg zur Sexologin und ihre Arbeit mit Paaren in der Sexualtherapie. Sie erzählt aber auch, wie sie nach einer langjährigen Beziehung mit einem Mann zur Partnerschaft mit einer Frau fand und welche Erinnerungen die Ballade «Bridge over troubled water» von Simon & Garfunkel in ihr weckt. Erstsendung: 15. Mai 2022
Sat, 19 Aug 2023 - 465 - Aeham Ahmad, «Der Pianist aus den Trümmern»
Der palästinensisch-syrische Pianist Aeham Ahmad ist im Flüchtlingslager Yarmouk bei Damaskus aufgewachsen. Sein Vater, ein blinder Instrumentenbauer, hat ihm die Liebe zur Musik mitgegeben und ihn zum Klavierspielen ermutigt. Während des Bürgerkriegs in Syrien hat Aeham Ahmad begonnen, auf Strassen und öffentlichen Plätzen aufzutreten und mit den Kindern aus dem Quartier Musik zu machen. Videos von seinen Auftritten wurden in sozialen Netzwerken geteilt und das Bild mit dem Pianisten, der inmitten der Trümmer Klavier spielt, ging um die Welt. Seit seiner Flucht 2015 lebt er in Deutschland und gibt Konzerte. 2017 erschien seine Autobiografie «Und die Vögel werden singen». In Musik für einen Gast bei Eva Oertle erzählt Aeham Ahmad über seine glückliche Kindheit in Syrien, über seine Flucht nach Deutschland, aber auch darüber, warum er heute lieber eigene Musik macht als Beethoven zu spielen. Erstsendung: 19. Juni 2022
Sun, 13 Aug 2023 - 464 - Kathrin Altwegg – Weltraumforscherin
Über Jahrzehnte hat sich Kathrin Altwegg, Physikerin und emeritierte Professorin der Universität Bern, mit dem Weltraum beschäftigt. Und sagt: Uns Menschen würde es guttun, wenn wir eines Tages erfahren sollten, dass wir nicht allein sind im Universum. Zwölf Jahre lang reiste die Raumsonde «Rosetta» durch das All, um den Kometen «Chury» zu erforschen. An Bord: «Rosina», ein Massenspektrometer der Universität Bern. Dafür verantwortlich: Kathrin Altwegg, Physikerin und Professorin für Weltraumforschung. «Rosina war ein bisschen wie mein drittes Kind, neben meinen beiden Töchtern», sagt sie. Am 30. September 2016 wurde die Sonde kontrolliert zum Absturz gebracht, Rosina lieferte keine Daten mehr. «Zu wissen, dass sie jetzt auf diesem Kometen liegt und nie mehr antworten wird, das war ein schwieriger, emotionaler Moment», erzählt Kathrin Altwegg, «auch wenn es der Abschluss einer hervorragenden Mission war.» Ganz losgelassen hat Kathrin Altwegg das Projekt bis heute nicht: Obwohl sie offiziell im Ruhestand ist, ist sie immer noch an der Auswertung der Daten beteiligt und gibt ihr Wissen an jüngere Kolleginnen und Kollegen weiter. Ihre eigene Laufbahn als Forscherin begann Kathrin Altwegg an der Universität Basel – als einzige Frau in ihrem Jahrgang. Ihre männlichen Kollegen hätten sie zwar freundlich behandelt, erzählt sie, aber die Einsamkeit habe ihr doch zu schaffen gemacht. Und auch mit Vorurteilen hatte sie zu kämpfen. So empfahl ihr beispielsweise ein Professor, doch besser im Warenhaus Strümpfe zu verkaufen, statt seine Vorlesungen zu besuchen. «Heute frage ich mich, warum ich mich nicht gewehrt habe. Aber damals hatte ich viel zu viel Respekt vor den Professoren und habe mich nicht getraut. Andererseits hat das auch immer bewirkt, dass ich mir gesagt habe: ‹Denen zeige ichs! Ich kann das!›». In «Musik für einen Gast» erzählt Kathrin Altwegg von ihrer Faszination für den Weltraum, die über die Jahre immer nur noch grösser geworden ist, von der Hoffnung, eines Tages ausserirdisches Leben zu entdecken und von ihrer Kindheit im Kanton Solothurn, als sie als kleines Mädchen die Liebe zur Natur und zu den Büchern entdeckte. Erstsendung: 02. April 2023
Sat, 12 Aug 2023 - 463 - Nenad Mlinarevic – Spitzenkoch und Unternehmer
Kommt er in die Küche, schaltet er zuerst die Musik ein und dann den Herd: Nenad Mlinarevic betreibt drei Restaurants und gilt als einer der erfolgreichsten Köche der Schweiz. Musik ist im Alltag von Nenad Mlinarevic allgegenwärtig: Ob zu Hause beim Zähneputzen, auf dem Weg zur Arbeit oder in der Küche. «In vielen Restaurants wird spätestens dann, wenn die Gäste kommen, die Musik ausgeschaltet», erzählt er. «Wenn einer meiner Köche Mühe haben sollte, sich zu konzentrieren, während Musik läuft, würde es schwierig für ihn. Bei uns ist das immer so – und wird auch so bleiben.» Seit mehreren Jahren spielt Mlinarevic in der obersten Liga der Schweizer Gastronomie mit: 2016 wurde er zum «Koch des Jahres» gewählt, mit gerade mal 35 Jahren. Doch statt sich auf den Lorbeeren auszuruhen, wagte er den Schritt in die Selbstständigkeit: «Ich wollte meinen eigenen Weg gehen, die Dinge auf meine Art machen. Und bis jetzt bin ich nicht schlecht damit gefahren.» Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner betreibt er mittlerweile drei Restaurants in der Stadt Zürich; im November wird das nächste und bisher grösste Lokal eröffnet, im Zürcher Hauptbahnhof. Woher nimmt er diese Energie? «Sobald ich ein Ziel, das ich mir gesteckt habe, erreiche, verspüre ich eine Leere. Und überlege sofort: Was kommt als nächstes? Komm, machen wir weiter!» In «Musik für einen Gast» erzählt Nenad Mlinarevic von diesem inneren Antrieb, seiner Leidenschaft für das Kochen, aber auch von den Schattenseiten seines Erfolgs, von der Rastlosigkeit und der Suche nach dem inneren Gleichgewicht. Erstsendung: 19. Februar 2023
Sun, 06 Aug 2023 - 462 - Wolfgang Beltracchi, Künstler
Mit gefälschten Bildern bekannter Maler wurde Wolfgang Beltracchi weltberühmt. Verurteilt als Kunstfälscher sass er eine längere Haftstrafe ab. Nun macht der Maler mit digitaler Kunst von sich reden. Über Nacht flog Wolfgang Beltracchi als einer der grössten Kunstfälscher der Nachkriegszeit auf. Zum Verhängnis wurde ihm die Anwendung einer Farbe, die zur Lebenszeit des Malers, dessen Bild er fälschte, noch nicht existierte. Mit seinen Fälschungen versetzte Beltracchi Museen, Sammler und Handel gleichermassen in Aufruhr. Wenngleich die Rechtsprechung seine Fälschungen als gewerbsmässigen Betrug taxierte, und er dafür mit Gefängnis bestraft wurde, erfuhr der Maler auch Sympathie für sein Wirken. Mit Hannes Hug unterhält sich Wolfgang Beltracchi über seine Leidenschaft für die Malerei und die Zukunft seiner Kunst. Erstsendung: 22. Mai 2022
Sun, 30 Jul 2023 - 461 - Lorenz Pauli – Kinderbuchautor, Geschichtenerzähler
An die 50 Kinderbücher hat er schon geschrieben. Die meisten zusammen mit der Illustratorin Kathrin Schärer. Dazu kommen Auftritte mit eigenen Programmen und das Verfassen von Kindergedichten. Lorenz Pauli ist produktiv und leidenschaftlich und lebt mittlerweile von seiner Liebe zur Sprache. Lorenz Pauli stammt aus sogenannt einfachen Verhältnissen. Er wächst als jüngstes Kind einer fünfköpfigen Familie in einer engen Dreizimmerwohnung im Westen von Bern auf. Seine Kindheit bezeichnet er als glücklich und ist geprägt von Freiheit und Geborgenheit, was ganz stark mit einer Mutter zusammenhängt. Von ihr hat er auch die Liebe zur Sprache und zur Kinderliteratur. Nach einer Banklehre wird er Kindergärtner, was damals für einen Mann nicht nur aussergewöhnlich, sondern beinahe unmöglich war. Gleichzeitig beginnt er, seine Geschichten, die er im Kindergarten erzählt, aufzuschreiben und zu veröffentlichen. Nach 25 Jahren wechselt er den Beruf, setzt ganz aufs Schreiben und auf seine Auftritte und macht so sein Hobby zum Beruf. Von seiner Herkunft und Prägung, von seinen Büchern und Auftritten, von seiner Zusammenarbeit mit Kathrin Schärer und seiner lebenslänglichen Arbeit für und mit Kindern und natürlich auch von seinem nicht ganz immer harmonischen Verhältnis zur Musik erzählt Lorenz Pauli im Gespräch mit Gastgeber Michael Luisier. Erstsendung: 26. März 2023
Sat, 29 Jul 2023 - 460 - Urezza Famos – Kultur- und Unternehmensberaterin, Verlegerin
Urezza Famos versteht sich als Brückenbauerin zwischen Wirtschaft und Kultur oder zwischen Geld und Geist, wie sie sagt, und hat schon eine Menge Projekte aus Kultur und Tourismus realisiert. Gleichzeitig ist sie Herausgeberin des «piz Magazin», des Magazins für das Engadin und die Bündner Südtäler. Geht es um ihre Biografie, so spricht Urezza Famos von vier Leben. Eins als Kind und Jugendliche im östlichsten Zipfel der Schweiz, eins als Geschäftsleiterin, CEO und Verwaltungsrätin des elterlichen Betriebs in Samnaun, eins als Kulturförderin im Engadin und eins als Co-Präsidentin der Lia Rumantscha in Chur. Geboren wird Urezza Famos in Martina GR. Ihr Vater stammt aus Süditalien und vererbt ihr die vielen Ideen und ein Bewusstsein dafür, auf sich selbst zu hören. Ihre Mutter stammt aus Genf und bringt das Mondäne und Weltoffene mit, was den Menschen in der Zollfreiregion Samnaun ohnehin im Blut liegt. Nach einem Studium in Zürich kehrt sie in den elterlichen Betrieb zurück, wo sie 18 Jahre lang bleibt. Dann folgen die Jahre im Engadin, die von unzähligen Projekten und innovativen Ideen geprägt sind, unter anderem die Gründung des Kulturzentrums und Künstlerhaus Nairs in Scuol. Heute lebt Urezza Famos am Zürichsee und pendelt zwischen dem Unter- und dem Oberland hin und her, wobei sie sich derzeit viel in Chur aufhält, wo die «Lia Rumantscha» ihren Sitz hat. Von ihrer Kindheit an der Grenze und ihrer Zeit im elterlichen Betrieb, von ihren Projekten im Engadin und den strukturellen Veränderungen ihrer Heimat, von ihrer Arbeit als Verlegerin und ihrer Liebe für die romanische Sprache und Kultur und natürlich auch ihrer Musik erzählt Urezza Famos im Gespräch mit Gastgeber Michael Luisier. Erstsendung: 23. Oktober 2022
Sun, 23 Jul 2023 - 459 - Niklaus Schweizer, Germanist und früherer Honorarkonsul in Hawaii
Seit mehr als 50 Jahren lebt Niklaus Schweizer in Honolulu und lehrt Germanistik an der Universität von Hawaii. Nebst seiner Professur war er lange Honorarkonsul für die Schweiz. Mindestens so gross wie seine Leidenschaft für Literatur ist sein Interesse an der hawaiischen Geschichte und Kultur. Schon als Kind lauschte Niklaus Schweizer fasziniert der Radiosendung «Hawaii Calls» und wünschte sich, diese Inselgruppe mit ihrer besonderen Musik eines Tages selbst zu besuchen. Als Gymnasiast in den 1950er Jahren trat er als Amateurfunker von Zürich aus mit Menschen rund um den Globus in Kontakt. Auf diesem Weg schloss er erste Freundschaften in der Pazifikregion und begann, sich für die Kolonialgeschichte zu interessieren. Heute ist er ein ausgewiesener Kenner der bewegten Geschichte und Musik des ehemaligen Königreichs von Hawaii. Er spricht fliessend Hawaiisch und freut sich über das neue Selbstbewusstsein der traditionellen Kultur. Erstsendung: 05. März 2023
Sat, 22 Jul 2023 - 458 - Yvonne Apiyo Brändle–Amolo, interkulturelle Mediatorin
Wenn Yvonne Apiyo Brändle-Amolo erzählt, dass in Kenia gejodelt wird, erntet sie erstaunte Blicke. Als sie in die Schweiz kam, half ihr die Volksmusik dabei, Anschluss zu finden. Heute engagiert sich die Afro-Schweizerin für Gleichstellung – mit künstlerischen und politischen Mitteln. Aus dem Lebenslauf von Yvonne Apiyo Brändle-Amolo spricht der starke Wunsch, die Welt mitzugestalten. Die studierte Ökonomin kam vor mehr als 20 Jahren der Liebe wegen in die Schweiz. Sie arbeitete zunächst als Croupier in Spiel-Casinos, als Moderatorin bei Radio LoRa und später auch als Künstlerin. Auf verschiedenen Wegen setzt sie sich für Chancengleichheit und gegen Diskriminierung ein – als interkulturelle Mediatorin und Kuratorin von Ausstellungen ebenso wie in der Gemeindepolitik und bei internationalen Organisationen. Ihre Leidenschaft fürs Jodeln hat Yvonne Apiyo Brändle-Amolo beibehalten. Erstsendung: 05. Februar 2023
Sun, 16 Jul 2023 - 457 - Jagoda Marinic – Autorin, Kolumnistin
Ein Gespräch sei ein Wagnis, sagt Jagoda Marinic. Ein Wagnis, das sie für ihren preisgekrönten Podcast «Freiheit Deluxe» immer wieder aufs Neue eingeht. Eine Begegnung in Heidelberg, am Tag nach dem Internationalen Literaturfestival, das Marinic dieses Jahr zum ersten Mal geleitet hat. Jagoda Marinic war 21 Jahre alt, als sie vom Suhrkamp Verlag entdeckt wurde – ohne ein Manuskript eingereicht, ohne überhaupt daran gedacht zu haben, ein Buch zu veröffentlichen. «Das war ein Traum, der mir nicht zur Verfügung stand.» Und selbst als das Angebot auf dem Tisch lag, war sie kurz davor, es abzulehnen: «Ich dachte: Niemand braucht das. Ich muss mich nicht zeigen und meine Geschichten auch nicht.» Doch Suhrkamp blieb hartnäckig. Zwei Jahre später eröffnete Marinic das Hauptprogramm des Verlags, gemeinsam mit dem Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa. Gut 20 Jahre sind seither vergangen und Jagoda Marinic ist zu einer Stimme geworden, die weit über den deutschsprachigen Raum hinaus gehört wird. Sie hat mehrere Bücher und Theaterstücke veröffentlicht, schreibt Kolumnen und schafft mit ihrem Podcast «Freiheit Deluxe» einen Raum für Gespräche, die sich durch ihre Klarheit und ihre Tiefe auszeichnen. Auf Twitter erntet sie dafür Applaus: «Ihr Podcast ist Weltklasse!», tat etwa kürzlich der frühere österreichische Bundeskanzler Christian Kern seine Begeisterung kund. Und auch aus der Branche gibt es Anerkennung: Das Magazin «Medium» kürte Marinic 2022 zur Kulturjournalistin des Jahres und begründete dies unter anderem mit ihrer leichtfüssigen, humorvollen und empathischen Gesprächsführung. Seit diesem Frühling ist Jagoda Marinic zudem künstlerische Leiterin der Heidelberger Literaturtage – oder: der «feeLit», des «Internationalen Literaturfestivals Heidelberg», wie es unter ihrer Leitung neu heisst. Dieses solle nicht nur die Debatten der Talkshows und Feuilletons wiederholen, schrieb sie im Grusswort des Programmhefts, sondern «vor allem die Möglichkeit bieten, sich auf die Fiktion einzulassen. Schriftstellerinnen und Schriftsteller kommentieren nicht nur das Zeitgeschehen mit poetischen Worten, sie fügen etwas hinzu.» In «Musik für einen Gast» erzählt Jagoda Marinic, was sie unter diesem Hinzufügen versteht, welche Euphorie die Literatur als Kind in ihr auslöste und warum die Begegnung mit einem Lied sie manchmal mehr berührt als jene mit einem Menschen.
Sun, 09 Jul 2023 - 456 - Hansjörg Hinrichs, Südpazifikspezialist
«Reisen ist mein Tun, mein Tun ist mein Leben» - Hansjörg Hinrichs wollte seit seiner Kindheit weg. Aufgewachsen im St. Gallischen Steinach reiste er als Jugendlicher per Autostopp nach Deutschland, später zog es ihn immer weiter in die Ferne. Nachdem er einige Jahre als Lehrer im Appenzellerland tätig gewesen war, beschloss er mit 28 Jahren, das Reisen zum Beruf zu machen. Vor allem die Inselwelt des Südpazifiks faszinierte ihn mit ihren Farben und Düften. Und so bereist der heute 74-Jährige, der ein kleines exklusives Reiseunternehmen leitet, immer neue Landschaften und Orte fernab von jeglichem Massentourismus. In Musik für einen Gast bei Eva Oertle erzählt Hansjörg Hinrichs über seine Liebe zur Inselwelt des Südpazifiks und über seine Beziehung zu den dortigen Menschen, aber auch über seine Verbindung zur Appenzeller Volksmusik. Und er spricht darüber, wie das Reisen ihn auch immer wieder an seine eigenen Grenzen bringt.
Sun, 02 Jul 2023
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